Alpine-Anleihen: AK-Sammelklage vs. Einzelklage mit EAS
Wann sich geschädigte Alpine-Anleger besser der AK-Sammelklage anschließen oder lieber eine Einzelklage mit der Unterstützung durch den Prozesskostenfinanzierer EAS anstrengen sollten.
Am 7. Mai gab die Arbeiterkammer (kurz: AK) bekannt, dass nun, rund zwei Jahre nach der Pleite des Baukonzerns Alpine, im Namen von 900 geschädigten Anleihe-Gläubigern mehrere Sammelklagen gegen Banken vor Gericht eingebracht werden.
Einige Tage zuvor teilte auch der Liechtensteiner Prozesskostenfinanzierer, Erste Allgemeine Schadenshilfe AG (kurz: EAS) mit, dass er in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Anlegeranwalt Dr. Michael Poduschka entsprechende Einzelklagen gegen die Emissionsbanken der drei Alpine-Anleihen unterstützt.
Die insgesamt rund 7.000 geschädigten Alpine-Anleger können sich somit zwischen der Beteiligung an der AK-Sammelklage oder einer Einzelklage entscheiden – beides ohne finanzielles Risiko für den einzelnen Kläger.
Um die geschädigten Alpine-Anlegern in ihrer Entscheidung zu beraten, welcher Weg für sie besser geeignet ist, werden nachfolgend beide Optionen gegenübergestellt.
Allgemeine Vor- und Nachteile von Einzelklagen im Vergleich zur AK-Sammelklage
Bei Einzelklagen kann für jeden Kläger eine individuelle Lösung gefunden werden. Dies ist vor allem in Situationen relevant, in denen ein Vergleich möglich ist.
Einzelklagen profitieren im Regelfall auch von einer schnelleren Abwicklung, wodurch Geschädigte meist schneller zu ihrem Recht kommen. Da bei Sammelklagen die Vergleichsquote meist wesentlich geringer als bei Einzelklagen ist, enden diese häufig in sehr langen Verfahren. Das kann sich über Jahre hinziehen.
Streitwert
Während sich Geschädigte der AK-Sammelklage auch bei einer geringen Schadenssumme anschließen können, übernimmt die EAS das Prozesskostenrisiko erst ab einer Schadensumme von mehr als 40.000 Euro. Das bedeutet, dass die Sammelklage vor allem für Privatanleger mit einer niedrigen Schadenssumme sinnvoll ist. So können z.B. auch Kläger, die nur 2.000 Euro verloren haben, mit Hilfe der Sammelklage gegen die Banken vorgehen.
Berufsstand bzw. AK-Mitgliedschaft
Als Interessensvertretung der österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, steht die Sammelklage der AK ausschließlich den AK-Mitgliedern zur Verfügung. Die AK-Mitgliedschaft ist durch das Arbeiterkammer-Gesetz geregelt.
Selbständige Unternehmer, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen von Gebietskörperschaften, land- und forstwirtschaftliche Arbeiter und Angestellte, Ärzte, teilweise leitende Angestellte u.v.m. sind nicht Mitglied der AK und können sich demnach nicht der Sammelklage anschließen.
Ob Sie Mitglied der AK sind, können Sie ganz einfach bei der Arbeiterkammer erfragen.
Vor allem für Nicht-AK-Mitglieder mit einer Schadenssumme von mehr als 40.000 Euro ist die Einzelklage mit Unterstützung durch die EAS eine sinnvolle Alternative.
Zeitliche Beschränkung
Geschädigte Anleger können sich der Sammelklage der AK nur noch bis Ende Mai anschließen. Hingegen ist das Anstrengen einer Einzelklage mit Unterstützung durch die EAS zeitlich relativ unbeschränkt möglich.
Eklatante Unterschiede trotz gleiche Erfolgsbeteiligungsquote
Ob sich Geschädigte nun für die Sammelklage oder für die Einzelklage entscheiden, in beiden Fällen beträgt die Erfolgsbeteiligung der Prozesskostenfinanzierer 35 Prozent. Allerdings gibt es in der Berechnung der Höhe dieser prozentuellen Beteiligung im Erfolgsfall einen Unterschied, wie das nachfolgende Berechnungsbeispiel zeigt:
35 Prozent Erfolgsbeteiligung der EAS:
- Streitwert: EUR 100.00,00
- Vergleich: EUR 80.000,00
- Bisher angefallene (Verfahrens-)Kosten: EUR 15.000,00
- Prozentuelle Erfolgsbeteiligung (35 Prozent): EUR 28.000,00 (hiervon werden die angefallenen Kosten abgezogen, also – EUR 15.000,00)
- Tatsächliche prozentuelle Erfolgsbeteiligung der EAS: EUR 13.000,00 (nach Abzug der bisher angefallenen Kosten)
=> Anleger erhält 65 % von EUR 80.000,00 => EUR 52.000,00!
Bei anderen Prozesskostenfinanzierern:
- Streitwert: EUR 100.00,00
- Vergleich: EUR 80.000,00
- Bisher angefallene (Verfahrens-)Kosten: EUR 15.000,00 (diese Kosten werden vom hereingebrachten Betrag abgezogen, also EUR 80.000,00 – EUR 15.000,00)
- Neue Bemessungsgrundlage für die Erfolgsbeteiligung: EUR 65.000,00
- Prozentuelle Erfolgsbeteiligung (35 Prozent): EUR 22.750,00
=> Anleger erhält 65 % von EUR 65.000,00 => EUR 42.250,00!
Wie das Berechnungsbeispiel zeigt, berechnen viele Prozesskostenfinanzierer ihre prozentuelle Erfolgsbeteiligung erst nach Abzug der während des Verfahrens angefallenen Kosten, während die EAS die angefallenen Verfahrenskosten mittels der prozentuellen Erfolgsbeteiligung deckt. Dies macht auch für den Geschädigten unterm Strich einen erheblichen Unterschied.
Fazit
Vorweg ist festzuhalten, dass die geschädigten Alpine-Anleger sowohl bei Beteiligung an der AK-Sammelklage als auch im Fall einer Einzelklage mit Unterstützung durch die EAS kein finanzielles Risiko eingehen.
Die AK-Sammelklage ist für AK-Mitglieder mit einem relativ geringen Streitwert sinnvoll. Da Sammelklagen aus mehreren Gründen meist langwierig sind, sollten sich Kläger, die sich der Sammelklage anschließen, mit jahrelangen Verfahren rechnen.
Für Nicht-AK-Mitglieder, deren Streitwert mehr als 40.000 Euro beträgt, ist eine Einzelklage mit Unterstützung durch die EAS eine sinnvolle Alternative. Einzelklagen profitieren darüber hinaus von vergleichsweise schnellen Entscheidungen bzw. einer höheren Vergleichsquote.